
... oh, süße Milch, Muttermilch, vermischt mit zartem Rauchgenuß, von nebenan, in der Nähe Geräusche - klick klack -, gedämpft von Filz, früheste - vergessene? - Erinnerungen;
später
			  - gehen, um den ovalen Tisch, Vorsicht Kopf an Marmor!
			  - gehen, um den hohen rechteckigen, wo die Klicks herkommen,
			  - gehen, nach nebenan; der Geruch wird stärker, schon ist
			  Mama bei mir, holt mich in die ovale Ecke zurück;
später
		  - gucken über den Rand des Filzes, drei Kugeln!
Mama fragt den Oberkellner, ob ich sie rollen darf-, jetzt mach ich klack, klick!
später
			  die Übersiedlung in den großen Saal, mit Spiegeln, mit
			  Luster mit weichen hohen Sofawänden;
später
			  Mama will wieder Lesen anfangen, ich sei jetzt groß genug;
			  ich treibe mich herum, es zieht mich in das Zimmer mit den Kugeln,
			  ich schaue so lange so begehrlich zu, bis sie mir zeigen wie es
			  geht, mit Stäben,
			  ja, Mama hat recht, ich bin schon groß;
noch
			  später
			  - ich lasse Mama nicht lesen, ich möchte unser Spiel"ich sehe
			  was, was Du nicht siehst und das ist...", zum Beispiel"rot", der
			  rote Overall von dem Herrn, der immer ins Leere zu lächeln
			  scheint, oder "silbern", sein herrlich blitzendes silbernes
			  Käppi; manchmal kommt er ganz unauffällig, da
			  läßt sich nichts spielen;
			  am liebsten ist mir die Adventzeit; ich erwarte es kaum bis die
			  Gestecke auf den Tischen stehen, gleich lasse ich mir die Kerze
			  anzünden, dann darf ich zündeln, mit den Tannennadeln,
			  Mama erlaubt es mir nur im Café, so lange, bis sie glaubt,
			  daß jemand herschaut, strafend;
			  was ich noch mag, neue Lehrlinge; Mama und ich beobachten sie und
			  machen Bemerkungen, keine bösen; einer gefiel mir besonders,
			  er machte Kunststückln mit dem Putzfetzen, jetzt hat er es
			  sich abgewöhnt oder Herr Oberkellner F. hat es ihm verboten,
			  schade
			  jetzt bin ich wirklich groß - 147 cm; ich hole Mama die
			  Zeitungen, wenn der Oberkellner sie nicht gleich bringt die Mama
			  will die großen, ich hole mir eine kleine; lieber noch gehe
			  ich ins nächste Buchgeschäft und hole mir vom
			  Kinderbuchbestsellerautor T. B. eine neue Geschichte; da kann Mama
			  Zeitungen noch und noch lesen oder ihre Vorlesungen vorbereiten
			  diese Rechnungen haben es dann in sich; ich schaffe es einfach
			  nicht, stundenlang bei einer Tasse kalten Kaffee - auch
			  verlängert - zu sitzen; Mama hat das perfektioniert, mein
			  Kännchen Tee ist immer zu früh leer, das muß ich
			  noch lernen;
			  apropos gute Laune, Weihnachten ist auch so ein Highlight; das ist
			  die einzige Zeit im Jahr, wo Mama einen Tisch reserviert; es
			  herrscht ein Gedränge und Geschiebe, atemberaubend, nicht nur
			  aus diesem Grund ... und da sind noch die Gestecke, strohtrocken
			  jetzt, da prasseln die Nadeln, daß der Herr von vor der
			  einen oder der anderen Säule mit gestrengem Blick über
			  seine Lesebrille guckt und Mama so tut, als würde sie mich
			  tadeln, aber sie ist in Weihnachtsstimmung;
			  wie heißt es, non scolae, sed vitae discimus, ich würde
			  sagen, nicht nur in der Schule lernen wir was, sondern auch im
			  Kaffeehaus, und da besonders fürs Leben, und zwar von klein
		  auf.


	      
Dieser Text entstand als Gastbeitrag für
Renate Perfahls
Café Traxlmayr - GESCHICHTE und GESCHICHTEN um das
    traditionsreiche Linzer Kaffeehaus.
Grünbach: Buchverlag Franz Steinmaßl 1997.
ISBN 3-900943-53-2.
Die Bilder der webpage sind diesem empfehlenswerten Buch
		  entnommen.
Bildquellen: http://www.nachrichten.at/